Süßer die Glocken nie klingen – die Geschichte der „Kuchenglocke“ von Breisach
Als im Breisacher St. Stephansmünster am Stadtpatrozinium eine neue Glocke gegossen werden sollte, war die Spannung groß. Schon am Morgen des Festtages standen in der Westhalle die historischen Glocken – und dazwischen plötzlich eine weitere, bislang unbekannte Glocke. Viele Besucher fragten sich: Sollte die neue Glocke nicht erst am Nachmittag entstehen? Genau mit diesem Überraschungsmoment begann die Geschichte der „Kuchenglocke“.

Anlässlich des Stadtpatroziniums und des feierlichen Glockengusses für das Breisacher Münster sollte sichtbar werden, wie die neue Glocke später einmal aussehen würde – mit ihrer charakteristischen Zier, entworfen vom Breisacher Künstler Helmut Lutz. Während die Bronzeglocke erst am Nachmittag im Rahmen des Festes gegossen wurde, sollte es schon am Morgen etwas zum Staunen geben: eine täuschend echte Glocke aus Kuchen, direkt zwischen den großen Vorbildern platziert. journals.ub.uni-heidelberg.de
Anlass: Glockenguss am Stadtpatrozinium
Von der Idee zur Form
Die Idee, eine Glocke zu backen, war schnell geboren – die Umsetzung dagegen echte Handwerksarbeit. Damit die Torte wirklich wie eine Glocke aussieht, entstand zunächst eine „Glockenrippe“ als Schablone, wie sie auch in der Glockengießerei zur Formgebung verwendet wird. Diese Konstruktion ließ sich um den Kuchen drehen und gab die exakte Kontur vor.
Aus elf übereinandergestapelten Kuchenböden wurde so Schritt für Schritt der Glockenkörper geformt. Jeder Boden wurde zurechtgeschnitten, mit einer Schokoladenganache gefüllt und außen glatt eingestrichen, bis die typische Glockensilhouette perfekt getroffen war. Am Ende stand eine beeindruckende Torte mit rund 41 cm Durchmesser, 45 cm Höhe und etwa 16 Kilogramm Gewicht.
Glockenzier aus Zucker – nach dem Vorbild der echten Glocke
Besonderes Augenmerk galt der Glockenzier: Sie wurde aus Modellier- bzw. Zuckermasse (Fondant) gestaltet – nach der gleichen künstlerischen Vorlage, die auch die neue Bronzeglocke trägt. Für die echte Glocke hatte Helmut Lutz das Relief entworfen; in der Gießerei wurde es in Wachs von Hand modelliert, bevor es in die Glockenform eingelassen wurde. Für die Kuchenglocke wurden diese Motive sorgfältig ausgeschnitten, angepasst und auf den „Teigrohling“ übertragen.
Zum Schluss erhielt die Torte einen Überzug mit Lebensmittelsilberspray. Aus der Schokoladentorte war nun eine Glocke geworden, die auf den ersten Blick kaum von Metall zu unterscheiden war – ein süßes Pendant zur echten Bachert-Glocke.
Ein süßes Unikat – schnell vergriffen
So ähnlich sich Kuchenglocke und Bronzeglocke optisch waren, in einem Punkt unterschieden sie sich grundlegend: Während die gegossene Glocke viele Jahrzehnte – vielleicht Jahrhunderte – zum Klang des Breisacher Münsters beitragen soll, hatte die Kuchenglocke nur ein kurzes Leben. Kaum war das Fest in vollem Gange, war das kunstvolle Einzelstück auch schon in viele Stücke geteilt: Die Besucher ließen sich die seltene „Glocke zum Aufessen“ nicht entgehen.
Aus einer spontanen Idee, den Glockenguss sichtbar und erlebbar zu machen, wurde so ein ganz eigenes kleines Meisterstück – eine Verbindung aus traditioneller Glockenkunst, handwerklicher Präzision und viel Liebe zum Detail in der Backstube.






